Grundlegende Anforderungen an die staatliche Rechtsordnung

Die UN-Antifolterkonvention gewährt keine unmittelbaren Rechte für die Bürger, sondern ist nach allgemeinem Verständnis eine Staatenverpflichtung. Die den Vertragsstaaten von der UN-Antifolterkonvention vorgeschriebenen Einzelmaßnahmen konkretisieren dabei die in Artikel 2 Abs. 1 CAT formulierte allgemeine Verpflichtung eines jeden Vertragsstaates, wirksame

  • gesetzgeberische,
  • verwaltungsmäßige,
  • gerichtliche
  • oder sonstige Maßnahmen

zu treffen, um Folterungen in allen der Hoheitsgewalt des Vertragsstaats unterstehenden Gebieten zu verhindern.

Damit ist zugleich gesagt, dass die Vertragsstaaten grundsätzlich im Rahmen ihrer jeweiligen Verfassungsordnung nach eigenem Ermessen darfiber befinden, ob sie Maßnahmen auf dem Gebiete der Gesetzgebung, der Verwaltung, der Rechtsprechung oder “in sonstiger Weise” treffen. Für die UN-Antifolterkonvention entscheidend ist nicht der innerstaatlich eingeschlagene Weg zur Erreichung seiner Ziele, sondern die Wirksamkeit der angewandten Mittel.

Zur innerstaatlichen Umsetzung dieses in Art. 2 Abs. 1 CAT umschriebenen Grundsatzes in Deutschland ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Schutz gegen Folter in der Bundesrepublik bereits durch das Grundgesetz gewährleistet wird. Nach Artikel 1 Abs. 1 GG ist die Würde des Menschen unantastbar; sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlicher Gewalt.

Die Folter stellt einen der schwersten Angriffe auf die Menschenwürde dar. Das Gebot zur Achtung der Menschenwürde bedeutet nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts1 insbesondere auch, dass grausame, unmenschliche und erniedrigende Strafen verboten sind.

Auch das in Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete Recht auf körperliche Unversehrtheit richtet sich als Abwehrrecht nicht nur gegen staatliche Eingriffe in die physische Integrität, sondern erfasst auch Eingriffe durch psychische Folterungen, seelische Quälereien und entsprechende Verhörmethoden2.

Für Personen, die sich in staatlichem Gewahrsam befinden, wird der sich bereits aus Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 GG ergebende Schutz in Art. 104 Abs. 1 S. 2 GG noch einmal ausdrücklich klargestellt und konkretisiert. Danach dürfen festgehaltene Personen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden. Mit dieser Klarstellung und den Gewährleistungen in Artt. 1 und 2 GG hat die Verfassung eingedenk der Folterpraktiken, die von 1933 bis 1945 unter der Herrschaft des NS-Regimes angewendet wurden, die Folter nachdrücklich verboten.

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf § 136a StPO, dass für den Bereich des deutschen Strafverfahrens verbotene Vernehmungsmethoden beschreibt und für gleichwohl durch solche Vernehmungsmethoden gewonnene Aussagen und Erkenntnisse Beweisverwertungsverbote postuliert. Nach § 136a StPO darf die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung des Beschuldigten nicht durch Misshandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung oder durch Hypnose beeinträchtigt werden. Zwang darf nur angewandt werden, soweit das Strafverfahrensrecht dies zulässt. Die Drohung mit einer nach seinen Vorschriften unzulässigen Maßnahme und das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils sind verboten. Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten beeinträchtigen, sind nicht gestattet. Diese Verbote gelten ohne Rücksicht auf die Einwilligung des Beschuldigten. Aussagen, die unter Verletzung dieses Verbots zustande gekommen sind, dürfen auch dann nicht verwertet werden, wenn der Beschuldigte der Verwertung zustimmt.

Ein ausdrückliches Verbot der Folter findet sich ferner in Artikel 7 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte sowie, auf europäischer Ebene, in Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvetion. Auch diese beiden völkerrechtlichen Vertrage sind von der Bundesrepublik Deutschland ratifiziert worden.

Artikel 2

  1. Jeder Vertragsstaat trifft wirksame gesetzgeberische, verwaltungsmässige, gerichtliche oder sonstige Massnahmen, um Folterungen in allen seiner Hoheitsgewalt unterstehenden Gebieten zu verhindern.
  1. in BVerfGE 45, 187, 283
  2. BVertGE 56, 54, 75

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert